Privacy Shield: Drei Fragen an Alexander Rabe
Inwiefern ist das Übermitteln von personenbezogenen Daten in die USA nun aufwändiger?
Alexander Rabe: Nach dem jüngsten EuGH Urteil zum Privacy Shield und den sogenannten Standardvertragsklauseln, gibt es aktuell keine wirklich verlässliche Regelung mehr für den Datentransfer mit den USA.
Selbst die Standardvertragsklauseln sind nun im Einzelfall von den Datenschutzbehörden zu prüfen.
Dieser Status führt zu direkter Rechtsunsicherheit bei über direkt 5.000 betroffenen Unternehmen und diese Unsicherheit wird sich sicherlich auf viele weitere Unternehmen sowie deren Digitalisierungspläne zunächst lähmend auswirken.
Die EU muss deshalb möglichst rasch praktikable und nachhaltig verlässliche Lösungen für den Datentransfer in die USA präsentieren. Um für Unternehmen wieder Rechtssicherheit zu schaffen, im Interesse der gesamten Wirtschaft in Deutschland und Europa - nicht nur für die Digitalbranche.
Ist das Urteil nicht eigentlich positiv in Bezug auf Datensouveränität? Das Pojekt Gaia X hat ja zum erklärten Ziel, die „Möglichkeit zur unabhängigen Selbstbestimmung von Staat und Organisationen“ zu erhalten.
Das Internet ist keine Insel und macht auch an Staatsgrenzen nicht Halt. Wenn wir die Innovationspotentiale der Digitalisierung ausschöpfen möchten, brauchen wir praktikable Lösungen für den internationalen Austausch von Daten.
Generell ist mit diesem Urteil jetzt der zweite Schritt vor dem ersten getan worden. Dateninfrastrukturprojekte wie GAIA X, die wir als Verband auf vielen Ebenen unterstützen, müssen ohne Frage europäisch weiter vorangetrieben werden, um den digitalen Binnenmarkt und die Datenfreizügigkeit innerhalb der EU und mit Drittstaaten weiter zu stärken.
Doch Gaia X ist ein komplexes Projekt, das zwar zunehmend konkrete Konturen annimmt, aber sicherlich noch etwas Zeit braucht, bis Europa mit diesem Projekt seine angestrebten Ziele vollumfänglich erlangt.
Unabhängig von GAIA X brauchen wir deshalb funktionierende und verlässliche Regelungen für den transatlantischen Datenaustausch, sowohl um die EU als „Daten“-Standort attraktiv zu machen, aber auch um die Augenhöhe zu internationalen Wettbewerbern nicht zu verlieren.
Wie bewerten Sie die Auswirkungen auf die RZ-Industrie – dürfte diese nicht eher davon profitieren, da die Nachfrage nach Sever-Kapazität in Europa jetzt steigen dürfte?
Ob die Nachfrage nach Serverkapazitäten innerhalb der EU ansteigen wird, bleibt zunächst abzuwarten.
Wir erleben gerade mit dem Wegfall des Privacy Shields zum zweiten Mal nach Safe Harbour einen herben Vertrauensverlust in die Rechtssicherheit bei der Nutzung digitaler Dienste und den Möglichkeiten des internationalen Datenaustausches auf Basis von Standardvertragsklauseln.
Das wird viele Transformationsprozesse der Digitalisierung gerade bei KMU und in den Anwenderbranchen verzögern. Im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit ist das schlecht für die Digitalstandorte: Deutschland und Europa. Hier muss schnell Abhilfe geschaffen und die entstandenen Irritationen beseitigt werden.
Wir brauchen positiven Gestaltungswillen und ganz einfach mehr Lust auf Digitalisierung. Nur so bleiben wir wettbewerbsfähig und schaffen eine nachhaltige digitale Transformation am Standort.